“Das Johari-Fenster” – Über blinde Flecke und ehrlichen Umgang im Team

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16.11.2022

Jeder von uns hat Geheimnisse…

Erfahrungen, Ansichten und Eigenschaften, die er oder sie für sich behalten möchte. Oft auch verständlicherweise. Denn auch das haben viele von uns: die Erfahrung gemacht, wie auf eben diese Geheimnisse reagiert wurde. Mit Ablehnung. Beurteilung. Mobbing. Ausgrenzung. Schweigen. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Manchmal ist es auch einfach die Angst vor ungeahnten Reaktionen, auf das sich-so-zeigen-wie-man-ist.

Es gibt also gute Gründe den geheimen Bereich auch weiterhin zu schützen. Diesen geheimen Bereich hat Jede*r von uns. Er ist nur dir bekannt und anderen unbekannt und es kostet an der ein oder anderen Stelle viel Anstrengung diese Geheimnisse auch zu bewahren, damit sie deinem Umfeld auch weiterhin unbekannt bleiben.

Es gibt Teams, in denen es das ein oder andere Geheimnis gibt…

  • eine Kollegin, die häusliche Gewalt erlebt und aus Scham nicht darüber redet….
  • ein*e Mitarbeiter*in die bemerkt, dass der Job sie nicht erfüllt, sie sich aber keine Veränderung zutraut, weil sie alleinerziehend ist und denkt sie müsse durchhalten….
  • ein Teammitglied, das mit Neid auf das Familienleben der Anderen schaut und aus Trauer nicht von eigenen Wünschen spricht und sich stattdessen weiter in die Einsamkeit im Privatleben zurückzieht…
  • Ein Kollege, der trotz langjähriger Erfahrung immer noch Unsicherheiten im Umgang mit Kunden erlebt und nicht darüber spricht…
  • eine Leitungskraft, die versucht ihre Nervosität zu überspielen und an ihren Fähigkeiten zweifelt…

Was bedeuten Geheimnisse für Teams?

Was in Teams alles verheimlicht werden kann, ist eine Menge. Und es ist an vielen Stellen in Ordnung, denn es ist die Arbeit und nicht das Privatleben. Aber es schwappen doch auch ungesagte Informationen rüber ins Team. Mal mehr mal weniger.

Darüber müssen wir uns im Klaren sein: Wir sprechen von Geheimnissen, denn die (gesamte) Geschichte des geheimen Bereichs unseres Gegenübers ist uns nicht bekannt. Jedoch: Die Anstrengung, Unsicherheit, Trauer, etc. bei unserem Gegenüber, das geheim hält, empfinden die meisten dennoch.

Aus meiner Sicht, ist gerade die Irritation, die durch das Empfinden von Ungereimtheit aufgrund von Verheimlichen eine Ursache für Missverständnisse, immer in Abhängigkeit von der Art des Geheimnisses.

Ein Hinweis: Ich benenne gleich die Vorteile, was daraus entstehen kann, wenn der geheime Bereich größer wird. Ich sage auf keinen Fall: öffne dich und gebe alles preis. In manchen Bereichen ist ein Verschweigen bestimmt auch sinnvoll. Das kann nur Jede*r für sich erkennen und erfühlen.

Das Johari-Fenster

Joseph Luft und Harry Ingham (Sozialpsychologen; 1955)

Ein Kommunikationsmodell, dem die Theorie zugrunde liegt, dass die zwischenmenschliche Kommunikation einfacher und besser wird, wenn Selbstbild und Fremdbild sich annähern, der öffentliche Bereich größer wird und sowohl dem Anderen als auch dir, die gleichen Dinge bekannt sind.

Dazu gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Den geheimen Bereich verkleinern durch Selbstoffenbarung (Anderen mitteilen, was sie noch nicht über dich wissen, dem Thema angemessen und entsprechend)
  • Durch Feedback den Blinden Fleck des Gegenübers verkleinern.

“Das Zusammenleben und die Zusammenarbeit von mehreren Personen funktioniert umso besser, je mehr sie voneinander wissen. Dabei können sowohl positive Effekte für den Einzelnen als auch für die gesamte Gruppe beobachtet werden.“
(Luft und Ingham)

 

 

Den geheimen Bereich verkleinern – den öffentlichen Bereich vergrößern – durch Selbstoffenbarung

Warum macht das Sinn?

Vorteile für den Einzelnen:
• die innere Anspannung wird geringer
• es wird weniger Energie darauf verwendet, etwas geheim zu halten
• Angst vor Entdeckung fällt weg

Vorteile für das Team:
• das Handeln der Person wird transparenter
• das gegenseitige Verständnis wird erhöht/ Rücksichtnahme auf Eigenarten kann erfolgen
• die Qualität der Beziehungen verbessert sich
• Gruppen lernen sich schneller kennen, wenn der öffentliche Bereich aktiv vergrößert wird
• ein WIR-Gefühl wird geschaffen
• ggf. kann eine offenere Fehlerkultur entstehen

Die Bereiche des Johari Fensters sind dynamisch und nicht statisch. Um eine optimale Kommunikation zu erschaffen, sollte der Bereich der öffentlichen Person möglichst vergrößert werden und sich alle anderen Bereiche möglichst verkleinern.

Ich mag die Vorstellung, dass es die Möglichkeit gibt in Teams, diese geheimen Bereiche zu verkleinern und einen wertschätzenden, achtsamen Umgang damit zu pflegen. Das Team hat hier die Möglichkeit jede Menge zu erfahren, was bisher unter der Eisschicht verborgen lag. Lies gerne nochmal in meinem Blogartikel vom 09. November.„Wie geht es dir?“ – Möchtest du es wirklich wissen???

Der Blinde Fleck: mir unbekannt – anderen bekannt.

Der Bereich, in dem andere etwas von dir wissen, was dir selber nicht bekannt ist.

Was das sein kann: Angewohnheiten, Gesten oder Redewendungen, die du selber nicht bemerkst. Mimik. Ticks.

Wie geht es dir damit, wenn Andere dich auf deine blinden Flecke aufmerksam machen? Bist du irritiert? Gekränkt? Dankbar?

Ich kenne alle Reaktionen. Es kommt auf das WIE an. Wenn es dem Anderen bewusst ist, dass es mein blinder Fleck ist und er mir seine Beobachtung ohne Wertung mitteilt, bin ich einfach dankbar. Dankbar deshalb, weil ich nun aktiv gegensteuern kann, wenn ich es möchte und für sinnvoll erachte. Und im Übrigen geht es bei blinden Flecken nicht nur um negative Eigenschaften. Auch positive Dinge sind dir vielleicht nicht immer bewusst, Anderen hingegen sehr. Erinnere dich mal an das letzte Kompliment, das du unerwartet erhalten hast…haben da Fremd- und Selbstbild übereingestimmt?

Der Fleck auf deiner Hose.

Es fühlt sich ungefähr so als, als würdest du darauf hingewiesen, dass du auf deiner hellen Hose hinten einen Fleck hast. Unangenehm es gesagt zu bekommen, aber ist ja Fakt. Gut, dass du jetzt den Mantel drüber hängen kannst oder dich schnell umziehen kannst. Der Andere hat dir die Möglichkeit gegeben frei zu handeln.  Kann der Andere ja nichts dafür, dass da der Fleck ist.

Den Blinden Fleck verkleinern – den öffentlichen Bereich vergrößern – durch Feedback

Warum macht das Sinn?

Feedback durch Andere einholen „Was nehmen die Anderen an dir wahr?“

Negatives Feedback: an Schwächen kannst du nun gezielt gearbeitet.

Positives Feedback: Kennst du alle deine guten Eigenschaften schon? Diese gezielt einzusetzen und sich v.a. auch darüber freuen zu können ist ein positiver Nebeneffekt.

 

 

In der nächsten Woche geht es weiter mit dem Johari-Fenster und den Einsatzmöglichkeiten, Vorteilen und Empfehlungen.

Achte (auf) deine Ressourcen und die deines Teams,

Isabel

 

Möchtest du mehr über hilfreiche gesunde Kommunikation in deinem Unternehmen erfahren?

Zum Beispiel mit deinem Team erste Bausteine des Qualitätsmanagements umsetzen? Gerne berate ich dich dazu und begleite dein Team Schritt für Schritt. Ich freue mich über ein persönliches Gespräch mit dir. Schreib mir gerne: arensressource@gmail.com 

 

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Am 21.11. erscheint mein nächster Newsletter, diesmal u.a. mit den Auswertungen meiner Umfragen.

 

Blog-Aussicht

23.11. “Das Johari-Fenster” – Was passiert, wenn du es anwendest?